Es pressiert nix, wenn Bayern und Österreicher ein gemeinsames Jubiläum feiern. 20 Jahre Städtepartnerschaft Puchheims mit Attnang-Puchheim waren Anlass für einen Festakt am 12. April 2014 im Bierzelt auf dem Puchheimer Volksfest.

Volkstanzgruppe „Perle von Zala“ aus Nagikanizsa, Foto: Stadt Puchheim
In seiner Festrede erinnerte Puchheims Erster Bürgermeister Norbert Seidl an das Jahr 1914, als die sogenannten Mittelmächte, aus denen später die Staaten Deutschland, Österreich und Ungarn hervorgehen sollten, den Ersten Weltkrieg begannen. „Es ist ein beeindruckendes Signal, dass Vertreter dieser drei Länder hier zusammen sind, um das 20jährige Bestehen der Partnerschaft zwischen Attnang-Puchheim aus Österreich und Puchheim aus Deutschland zu feiern.“ Das Erinnern an schwierige Zeiten könne zum Positiven gewendet werden, wenn damit ein Lernen verbunden sei. „Die 20 Jahre Partnerschaft beweisen, dass wir sehr viel gelernt haben, dass wir in einer anderen Zeit leben.“ Wer Europa und Partnerschaft, ein Zusammenwirken dieser vielen Nationen wirklich wolle, der müsse sich für den Frieden entscheiden und für Frieden und Europa argumentieren, betonte Seidl. „Wir alle hier haben uns im Kleinen dafür entschieden, und was dabei herauskommen kann, hört und sieht man.“
In der Tat beschwor auch Ferenc Novák, Bürgermeister von Zalakaros und Mitbegründer der ungarisch-deutsch–österreichischen Städtepartnerschaft, in seinem Grußwort den Geist von Frieden und Freundschaft in einem einigen Europa. Einmal mehr bekräftigte er, dass es eine bayerisch-ungarische Freundschaft zu pflegen gelte, deren historische Wurzeln in das 10. Jahrhundert zurückreichen: Zwischen 995 und 997 heiratete der hl. Stephan, der erste christliche König Ungarns, Prinzessin Gisela, die Tochter Herzog Heinrichs II. von Bayern. Wie Groiß und Novák hob auch Stadtrat Csaba Bene, offizieller Vertreter der Partnerstadt Nagykanizsa, die Bedeutung der Städtepartnerschaften als Quelle enger Verbundenheit und Freundschaft hervor. Stolz stellte er den Festgästen einen brandneuen Imagefilm aus seiner Heimatstadt vor. Anna Nagel, Vorsitzende des Deutsch-Ungarischen Vereins, dolmetschte in bewährter Weise. Der Austausch von Gastgeschenken, welche die Rathäuser in den Partnerstädten schmücken werden oder kulinarischer Natur sind, beschloss die Auftritte am Rednerpult.
Es macht nix, wenn nicht alles klappt. Weil die Leinwand für eine Live-Schaltung aus Salo finster blieb, sprang eine Tanzgruppe, gebildet aus „Exil-Finnen“ aus München und Umgebung als Botschafter aus der finnischen Partnerstadt ein. Die betulichen Begrüßungs- und Paarbildungsreigen aus verschiedenen Landesteilen Finnlands boten einen ziemlichen Kontrast zu den temperamentvollen, mitreißenden Folkloretänzen, die davor junge Tänzerinnen und Tänzer aus den ungarischen Partnerstädten dargeboten hatten. Trotz feurigen Geblüts zeigte die Tanzgruppe „Perle von Zala“ eiserne Ruhe, als die Beschallungstechnik spukte und die Darbietung störte. Umso anmutiger drehten sich die Tänzerinnen in ihren Reifröcken und umso wilder stampften die Tänzer mit ihren Stiefeln auf die Holzdielen. Szenenapplaus bekamen auch die Mädchen aus Zalakaros, die sich in ihren bunten Trachten grazil wie Spieluhrfigürchen drehten und dabei gefüllte Weinkaraffen auf dem Kopf balancierten.
Es schadet nix, wenn man nicht immer und überall von der Technik abhängig ist. So waren die Live-Musiker, die ihrerseits den Festakt bereicherten, auf keinerlei Tonträger angewiesen. Das Saxophon-Quartett der Musikschule Puchheim unter der Leitung von Wolfram Rothert sorgte für den anspruchsvollen musikalischen Auftakt und ein späteres Intermezzo. Klaus Sollinger aus Puchheim blies auf seiner Trompete feierlich die Europahymne. Die Kirtagsmusi aus Attnang-Puchheim schließlich, zwei Trompeter und zwei Hornisten, umrahmte den österreichischen Block der Partnerschaftsfeier und sorgte zum Ausklang des Festes sogar für eine gscheide Volksfestmusi. Anhaltender Beifall zum Schluss der offiziellen Feier von allen Festgästen, Delegationen, anwesenden Mitgliedern des Deutsch-Ungarischen Vereins und des Deutsch-Finnischen Clubs, den Gastfamilien – und von den Bürgerinnen und Bürgern, die sich in sehr überschaubarer Zahl zum Tag der Partnerstädte ins Zelt getraut haben. (-dre-)